Bundestag beschließt LSBTIQ*-inklusive Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts
Gestern Abend hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts verabschiedet. Damit wird im Völkerstrafgesetzbuch nun auch die systematische Verfolgung von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie allen queeren Menschen (LSBTIQ*) ausdrücklich als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt. Zudem werden Tatbestände im Bereich der sexualisierten und reproduktiven Gewalt ergänzt sowie das Verschwindenlassen als eigener Straftatbestand eingeführt.
Dazu erklärt Sven Lehmann, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter):
„Im Völkerstrafgesetzbuch wird nun unmissverständlich klargestellt, dass im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung auch die Verfolgung von LSBTIQ* ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Als Queer-Beauftragter begrüße ich die konsequente LSBTIQ*-inklusive Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts sehr. Eine Strafbarkeitslücke wird endlich geschlossen. Das erleichtert eine effektive Verfolgung von Völkerrechtsverbrechen gegen LSBTIQ*.
Der Schutz und die Förderung der Menschenrechte von LSBTIQ* ist ein wichtiger Teil und Querschnittsaufgabe der deutschen Menschenrechtspolitik weltweit sowie integraler Bestandteil der Entwicklungs- und feministischen Außenpolitik. Das Inklusionskonzept sieht vor, dass die Menschenrechte von LSBTIQ* in der Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit konsequent berücksichtigt werden. Im Aktionsplan „Queer Leben“ der Bundesregierung ist vereinbart, dass wir im Sinne einer feministischen Außenpolitik die Rechte, Repräsentanz und Ressourcen auch von LSBTIQ* weltweit stärken.“
Hintergrund
Das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) stellt sicher, dass die deutsche Justiz unabhängig vom Tatort auch schwerste Verbrechen, die die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren, namentlich Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, verfolgen kann. Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts wird in § 7 Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Absatz 1 Nummer 10 das Merkmal der sexuellen Orientierung ergänzt.
Zukünftig heißt es dort:
„(1) Wer im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung
(…)
- eine identifizierbare Gruppe oder Gemeinschaft verfolgt, indem er ihr aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen, aus Gründen des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder aus anderen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts als unzulässig anerkannten Gründen grundlegende Menschenrechte entzieht oder diese wesentlich einschränkt,
wird in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit lebenslanger Freiheitsstrafe, in den Fällen der Nummern 3 bis 7 mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren und in den Fällen der Nummern 8 bis 10 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.“
In der Gesetzesbegründung wird zudem klargestellt, „dass der Begriff des ‚Geschlechts‘ weit zu verstehen ist und sämtliche geschlechtliche Identitäten, insbesondere auch die nicht-binäre Geschlechtsidentität sowie die trans- und intergeschlechtliche Identität umfasst“.